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Stimmtherapie

Stimmtherapie

Wenn die Stimme versagt

Die Erlanger Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie hat seit mehreren Jahrzehnten einen Schwerpunkt bei der Behandlung von akuter und chronischen Heiserkeit.Dazu gehört unter anderem die intensive Behandlung hartnäckiger Kehlkopfentzündungen mit konservativen Maßnahmen, die übende Behandlung bei organischen und funktionellen Stimmstörungen und bei Kehlkopflähmungen sowie insbesondere auch die operative Stimmverbesserung („Phonochirurgie“), die wir auch bei Patienten mit sog. neurogenen Stimmstörungen wie z.B. bei Patienten mit der Parkinson-Erkrankung erfolgreich durchführen.

Konservative Stimmtherapie – Was ist das?

Unter der konservativen Stimmtherapie versteht man eine Übungsbehandlung zur Verbesserung oder Wiederherstellung der Stimmfunktion. Diese wird von einer Logopädin und dem behandelndem Arzt individuell geplant und durchgeführt. Insbesondere funktionelle Dysphonien werden mittels einer Übungstherapie behandelt, aber auch organische Dysphonien können (in der Regel nach einer stimmverbessernden Operation = Phonochirurgie) von einer Stimmtherapie profitieren.

Bereiche der Stimmtherapie

Alle Faktoren, die an der Stimmgebung beteiligt sind, werden in die Therapie einbezogen. Die Schwerpunktsetzung erfolgt je nach Ursache und Ausprägung der Störung.

Tonus (=Spannungszustand der Muskulatur): Der Muskeltonus im Kehlkopf aber auch im gesamten Körper wird durch Entspannungs- oder Bewegungsübungen reguliert und ausbalanciert. Dadurch wird auch die Körperhaltung verbessert. Erreicht wird dies in der Therapie z.B. durch „Progressive Muskelrelaxation“ (= „PMR nach Jacobson“) oder „Eutonie“ nach Gerda Alexander.

Atmung In der Therapie steht die Atmung während des Sprechens im Vordergrund. Hier werden u.a. Bauchatmung, Atemrhythmus und Luftabgabe beim Sprechen trainiert. Hierbei werden Techniken wie die „Atemrhythmisch angepasste Phonation“ (= „AAP nach Coblenzer/Muhar“) erarbeitet.

Phonation (= Stimmerzeugung im Kehlkopf): Je nach Art der Stimmstörung werden Übungen zur Stimmkräftigung, Resonanz und Stimmökonomisierung durchgeführt. Hier kommen Methoden wie „Funktionelles Stimmtraining“ (nach dem Erlanger Modell) oder die „Akzentmethode“ nach S. Smith zum Einsatz. In speziellen Fällen wird während der Übungen mit Reizstrom behandelt.

Artikulation: Unsere Aussprache und die dazu benötigte Muskulatur haben großen Einfluss auf die Stimmqualität. Übungen für Zunge, Lippen und Kiefer und sind daher wesentlich in der Stimmtherapie und werden z.B. nach der „Kaumethode von Fröschels“ oder der „Plastischen Artikulation“ nach Coblenzer/Muhar durchgeführt.

Intention (= Mitteilungsabsicht): Was, wie und wem wir etwas sagen, beeinflusst unseren Stimmklang. In der Therapie spielen daher auch Rollenspiele zum Training von schwierigen Sprechsituationen (z.B. Vorträge) und der richtige Einsatz von Körpersprache, Mimik und Gestik eine wichtige Rolle.

Persönlichkeit: Stimme ist Stimmung und damit Ausdruck der Persönlichkeit. Schwere psychische Belastungen können zu einer Stimmstörung führen. Die Wahrnehmung für die eigene Stimme und therapeutische Gespräche sind daher Bestandteile der Stimmtherapie.

Die stimmtherapeutische Behandlung ist immer ein Zusammenspiel der oben genannten Bereiche mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung. Sie orientiert sich im ganzheitlichen Sinne an der individuellen Symptomatik und Persönlichkeit des Patienten.

Zudem besteht bei einer Intensivtherapie in unserem Haus die Möglichkeit der täglichen Inhalation, um die Schleimhäute zu pflegen und die Genesung zu unterstützen.

Reizstromtherapie

Durch die Anwendung von Reizstrom in der logopädischen Stimmtherapie werden schnellere und stabilere Behandlungserfolge erreicht.

Ziele der Reizstromanwendung:

1. Kräftigung einer zu schwachen Kehlkopfmuskulatur (z.B. bei hypofunktionellen Dysphonien, auch mit sekundären organischen Veränderungen, die auf eine Muskelschwäche zurückzuführen sind)
2. Verzögerung und Vorbeugung einer möglichen muskulären Inaktivitätsatrophie bei gelähmter Kehlkopfmuskulatur (z.B. bei Recurrensparesen nach Schilddrüsenoperation)

In der Therapie werden zwei unterschiedlich gepolte Elektroden (bipolare Reizung) am Kehlkopf angelegt und während der Stromapplikation wird mit festgelegten Parametern mit dem Patienten intensive Stimmübungen durchgeführt.

Eine sinnvolle und effektive Behandlungsintensität umfasst 1-2 mal täglich 10-12 Minuten Reizstrom mit insgesamt ca. 15-20 Sitzungen und ist nur in Kombination mit Phonationsübungen sinnvoll.

Wann ist keine Reizstromanwendung möglich?

  1. akute Kehlkopfentzündung (Laryngitis)
  2. spastische Stimmstörungen
  3. Organbefunde (Zysten, Polypen, Ödeme)
  4. doppelseitige Kehlkopflähmungen (Erstickungsgefahr!)