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Nanotoxikologie

Nanotoxikologie

Um unser Ziel der Translation der superparamagnetischen Eisenoxidnanopartikel (SPIONs) aus dem Labor in die Klinik erreichen zu können, sind umfangreiche toxikologische Untersuchungen, die auf der physiko-chemischen Charakterisierung der Nanopartikel aufbauen, eine wichtige Voraussetzung. Weil Nanopartikel mit zahlreichen klassischen Analysesystemen interferieren, haben wir alternative Methoden für die Nanotoxikologie erarbeitet. So ist in den vergangenen Jahren eine umfangreiche Testbatterie entstanden, die uns in die Lage versetzt, zahlreiche Fragestellungen hinsichtlich der Biokompatibilität von Nanopartikeln zu beantworten.

Da die SPIONs für die medizinische Applikation als Transporter für Medikamente oder als Kontrastmittel ins Gefäßsystem verabreicht werden, sind die Interaktionen der Partikel mit Komponenten des humanen Blutsystems entscheidend für deren Verträglichkeit. Bei der Erstellung standardisierter Testprotokolle orientieren wir uns unter anderem an den Vorgaben des weltweiten Referenzzentrums für medizinische Nanopartikel, dem Nanotechnology Characterization Laboratory (NCL) in den USA. Dabei werden beispielsweise die Wechselwirkungen von Nanopartikeln mit Blutzellen wie Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten sowie löslichen Komponenten (Komplementsystem, Gerinnungskaskade) ex vivo untersucht. Bei allen Untersuchungen der Nanopartikel ist es von großer Bedeutung, die Versuche unter möglichst relevanten, realitätsnahen Bedingungen durchzuführen. Dies versuchen wir durch entsprechende Modelle zu gewährleisten, die komplexe biologische Umgebungen simulieren. Da zweidimensionale Zellkulturen gewissen Limitationen unterliegen, führen wir vergleichende Untersuchungen mit 3-D-Zellkulturen (zum Beispiel Tumorsphäroiden) durch, da hier extrazelluläre Matrix, Diffusionsgradienten und höhere Widerstandsfähigkeit die Ergebnisse wesentlich beeinflussen können. Insgesamt ermöglichen unsere toxikologischen Untersuchungstools eine Bewertung der Biokompatibilität der Partikel in realitätsnahen Expositionsszenarios. Mittels Feedback-Loops zur Synthese-Einheit gewährleisten wir eine andauernde Optimierung der Partikelformulierungen bis hin zur erfolgreichen Translation in die Klinik.

Geförderte Projekte (Auswahl)

SPION-beladene T-Lymphozyten – ein neuartiger immuntherapeutischer Ansatz zur Krebsbehandlung

Manfred-Roth Stiftung, 2021-2023

Projektziel
Tumore, die mit Immunzellen wie T-Zellen infiltriert sind, werden als immunologisch "heiß" bezeichnet und haben eine bessere Prognose für die Therapie im Vergleich zu "kalten" Tumoren, mit mangelnder bis fehlender Immunzellinfiltration. Um die Therapierbarkeit kalter Tumore zu erhöhen, wollen wir T-Zellen mittels Magnetkraft in den Tumor ziehen und dort anreichern. Dafür werden T-Zellen mit SPIONs beladen, da diese mithilfe eines externen Magnetfelds lokal magnetisiert werden können. Sowohl für in vitro Versuche zur Auswirkung der SPION-Beladung auf die Funktionalität der T-Zellen als auch für in vivo Experimente ist die Isolierung primärer T-Zellen aus humanem oder murinem Blut nötig. Hierfür wird ein Immunaffinitätschromatographie-basiertes System verwendet. Dabei werden T-Zell-spezifische Antikörper mit Streptag-Labeling an eine Streptactin-Agarose-Säule gebunden.

Verbundpartner
Prof. Dr. Diana Dudziak, UK Erlangen


Systematische Herstellung von primären Kopf- und Halskrebszelllinien und Bewertung der Behandlungswirksamkeit von, mit Medikamenten beladenen, Eisenoxid-Nanopartikeln im Vergleich zu freien Chemotherapeutika

IZKF Erlangen, 2019-2020

Projektziel
In der vorliegenden Literatur finden sich zahlreiche Studien, die das Potenzial von SPIONs in der onkologischen Behandlung aufzeigen. Eine systematische Grundlagenforschung, die die Wirkung verschiedener SPIONs auf verschiedene Kopf-Hals-Krebszellen untersucht, als unabdingbare Voraussetzung für eine zukünftige personalisierte Behandlung, steht jedoch noch aus. Daher werden wir damit beginnen, primäre Kopf-Hals-Krebszellen zu generieren, die aus überschüssigem Gewebe von Patienten nach einer Operation gewonnen werden. Sobald die ersten Zelllinien etabliert sind, werden wir die zelluläre Aufnahme und die induzierten Effekte spezifischer SPIONs mit unterschiedlichen physikochemischen Eigenschaften untersuchen. Die vielversprechendsten SPIONs werden dann mit Docetaxel funktionalisiert, einem Chemotherapeutikum, das zu den Taxanen gehört und zur Behandlung einer Reihe von Krebsarten eingesetzt wird, und seine Wirksamkeit auf die erzeugten Kopf-Hals-Krebszellen untersucht.

Verbundpartner

  • Dr. Matthias Balk, UK Erlangen

Zielgerichtete Induktion von immunogenem Zelltod mittels Wirkstoff-beladenen Nanopartikeln für die Tumortherapie

IZKF Erlangen, 2017-2018

Projektziel
Immunaktivierung hat einen entscheidenden Einfluss auf die Wirkung einer Tumortherapie. So zeigte sich, dass das Chemotherapeutikum Mitoxantron (MTO) nicht allein durch die Zerstörung des Tumors, sondern auch durch die Induktion von immunogenem Zelltod wirkt, indem es die Tumorzellen für eine Bekämpfung durch das Immunsystem „markiert“. Bei der konventionellen Chemotherapie wird jedoch so viel Zytostatikum eingesetzt, dass das Immunsystem der Patienten massiv geschädigt wird und eine Immunantwort nicht mehr effektiv ausgelöst werden kann. Bindet man Mitoxantron an superparamagnetische Eisenoxidnanopartikel (SPION), kann man das Chemotherapeutikum zielgerichtet mittels eines externen Magnetfeldes in den Tumor leiten (Magnetisches Drug Targeting, MDT). So wird ein immunogener Zelltod direkt im Tumor beim gleichzeitigen Erhalten der Immunkompetenz ausgelöst. In diesem Projekt soll die Fähigkeit von nanopartikelgebundem Mitoxantron (SPIONMTO), immunogenen Zelltod auszu­lösen, in vitro untersucht werden. Durch MDT mit SPIONMTO könnte so gezielt die Selbsttoleranz gegen den Tumor aufgebrochen und eine effektive Langzeitimmunantwort gegen den Tumor ausgelöst werden.


Analyse von Toxizitätsmechanismen umweltrelevanter Nanopartikel und Untersuchung in komplexen standardisierten Testsystemen

BayStMUV Förderung, 2015-2017

Projektziel
Da die Nanotechnologie in diversen Bereichen viel­versprechende Anwendungs­möglichkeiten bietet, muss durch Forschung und Aufklärung  vermieden werden, dass sich die Stimmung in der Bevölkerung gegenüber der Nano­technologie in eine ablehnende Haltung bewegt. Um mögliche Risiken aufzudecken, sollen in diesem Projekt alltagsrelevante Metalloxid-Nanopartikel hinsichtlich ihrer Toxizität und zugrunde­liegender Toxizitäts-Mechanismen in der Zellkultur sowie unter Verwendung komplexerer Testsysteme untersucht werden.

Verbundpartner

  • Prof. Dr. Martin Brandt, Walter Schottky Institut, TU München
  • Prof. Dr. Peter Kurzweil, Ostbayerische TH Amberg-Weiden
  • Prof. Dr. Udo Jeschke, LMU München
  • Dr. Boris Jovanovic, LMU München
  • Prof. Dr. Bengt Fadeel, Karolinska Institut, Schweden
  • Prof. Dr. Jan Mollenhauer, University of Southern Denmark
  • Prof. Dr. Urs Häfeli, University of British Columbia, Kanada

Entwicklung von Guidelines zur (immun)toxikologischen Charakterisierung von medizinischen Nanopartikeln (NanoImuTox)

BMBF, 2014-2016

Projektziel
Bislang gibt es in Europa im Gegensatz zu den USA keine Richtlinien und kein Referenzzentrum für die immunologische Testung von Nanopartikeln. Als weltweit führender Spezialist leitet Scott McNeil in den USA das „Nanotechnology Characterization Laboratory“ (NCL), das in den USA den Standard für die physikochemische und (immun)toxikologische Untersuchung von Nanopartikeln setzt. Die bilaterale Zusammenarbeit mit dem NCL bietet uns nun die einzigartige Möglichkeit, die kom­plexen Testsysteme des NCL für Nanopartikel kennen zu lernen und auch in Deutsch­land zu etablieren. Ziel ist die Entwicklung von standardisierten Guidelines (Standard Operation Procedures, SOPs) am Beispiel des NCL für die Testung von medizi­nischen Nanopartikeln.

Verbundpartner

  • Dr. Scott E. McNeal, National Cancer Institute's NCL, Maryland, USA
  • Dr. Marina Dobrovolskaia, National Cancer Institute's NCL, Maryland, USA

Weitere Kooperationspartner

  • Prof. Dr. Martin Herrmann, UK Erlangen
  • PD Dr. Udo Gaipl, UK Erlangen
  • Prof. Dr. Hans Drexler, FAU Erlangen-Nürnberg
  • Prof. Dr. Simone Schmitz-Spanke, FAU Erlangen-Nürnberg
  • Prof. Dr. Wolfgang Peukert, FAU Erlangen-Nürnberg
  • Prof. Dr. Aldo R. Boccaccini, FAU Erlangen-Nürnberg
  • Prof. Dr. Udo Jeschke, LMU München
  • Prof. Dr. Andriy Mokhir, FAU Erlangen-Nürnberg
  • Prof. Dr. Andreas Kirschning, Uni Hannover
  • Dr. Scott E. McNeal, National Cancer Institute's NCL, Maryland, USA
  • Dr. Marina Dobrovolskaia, National Cancer Institute's NCL, Maryland, USA